Wenn die Zurückhaltung der mittelständischen Unternehmer für mich auch vertraut und einnehmend ist, dachte ich nun, so steckt doch mitunter fehlendes Selbstbewusstsein dahinter – im eigentlichen Wortsinn: Viele Mittelständler sind sich ihrer selbst nicht genug bewusst. Ihrer spezifischen Stärken und Potenziale. Wenn sie es wären, wüssten sie, dass die Gefahr, arrogant zu wirken, immer in der Wahrnehmung der anderen liegt und weniger im eigenen Verhalten.
Wer aber immer auf Understatement geht, um in der Wahrnehmung der anderen nicht arrogant zu wirken, der lässt sich von den angenommenen Erwartungen der anderen führen und verkauft sich unter Wert. Auf Dauer unterdrückt er so seine Potenziale und damit auch seinen unternehmerischen Erfolg.
Das Understatement der Mittelständler führt dazu, dass sie oft in ihrer Arbeitsweise die großen Aktienunternehmen zu kopieren versuchen und ihre spezifische Stärke verkennen. Dass sie sich im Alltags-Klein-Klein verheddern und zu wenig als Unternehmer sichtbar werden. Und es führt oft sogar dazu, dass auch ihre Unternehmen zu viel Understatement an den Tag legen und ihre Leistungen zu wenig nach außen tragen.
Klar: Jeder hat seinen eigenen Stil, seine eigene Tonalität, das muss zur Person und auch zum Unternehmen passen. Das ist kein Plädoyer dafür, dass alle Mittelständler jetzt einen auf dicke Hose machen. Wer will, soll das ruhig tun. Und wenn einer es eine Nummer dezenter mag: auch okay. Und wer selbst lieber in den Hintergrund tritt und dafür sein Unternehmen leuchten lässt: Na klar, warum nicht?
Das Ganze ist ein Spannungsfeld: Zwischen dem sympathischen Understatement auf der einen Seite und der selbstbewussten Positionierung auf der anderen. Irgendwo da zwischen den beiden Polen kann jeder Unternehmer und jedes Unternehmen seine Mitte finden – willkommen im Mittelstand!