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Eine gute Idee macht noch keinen Unternehmer: Reflexionen über den Film „The Social Network“.
09.05.2022
Timo Kaapke

Was macht mega-erfolgreiche Unternehmer aus? Bestimmt nicht, dass sie immer makellose Persönlichkeiten sein müssen – darüber habe ich in den letzten Monaten schon häufiger reflektiert, wenn es um Unternehmerfilme ging.

Füllen sie denn zumindest immer perfekt die Unternehmer-Rolle aus? Den Eindruck hatte ich zumindest nicht, als ich mir jetzt noch einmal The Social Network über Mark Zuckerberg angesehen habe.

Mir wurde klar: Eine gute Idee macht noch keinen Unternehmer – solange nicht geklärt ist, was das eigentliche Produkt des Unternehmers ist.

Ungeahnter Erfolg

Die Story: Der Student Mark Zuckerberg entwickelt 2003 die Idee für eine Website, auf der die Nutzer die Attraktivität von Studentinnen bewerten können. Den Algorithmus liefert ihm sein Freund Eduardo Saverin, das Bildmaterial holt er sich von den Harvard-Datenbanken. Die Website verbreitet sich und die Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss und Divya Narendra werden aufmerksam, alle drei ebenfalls Harvard-Studenten.

Sie fragen Zuckerberg, ob er sie als Programmierer bei einem sozialen Netzwerk nur für Harvard-Kommilitonen unterstützen will. Der sagt vage zu, ist dann aber für Wochen kaum erreichbar. Währenddessen arbeitet er an seiner eigenen Plattform und stellt sie online: „thefacebook.com“. Saverin bringt das Kapital ein und wird später CFO.

Der Erfolg überrollt die Gründer. Napster-Mitgründer Sean Parker wird Zuckerbergs Mentor und stellt den Kontakt zu Kapitalgebern her. Kurz darauf wird Saverin aus dem Unternehmen gedrängt und Parker mit Drogen erwischt, worauf Zuckerberg ihm mit Konsequenzen droht.

Die Verhandlungen über die Klagen von Saverin, der Winklevoss-Zwillinge und Narendra gegen Zuckerberg wegen geistigen Diebstahls bilden den Rahmen der Handlung.

Am Ende erfährt Zuckerberg, dass es einen Vergleich geben wird, weil er niemals vor einem Gericht gewinnen werde.

Fiction oder Nonfiction?

Wenn ich nun über diese Story rede, tue ich das über die des Films. Ob sie wahr ist, ist zumindest stark umstritten. Zuckerberg hat sich vom Film distanziert, und der Drehbuchautor meinte, sein Film sei kein Dokumentarfilm, und in der Kunst gehe es nicht darum, was passiert sei.

Interessant ist dabei, dass eine Quelle für das Drehbuch Saverin war, und dass einer der Winklevoss-Zwillinge den Film als „nonfiction“ bezeichnete – beides Menschen, die von Zuckerberg ausgebootet wurden.

Wie auch immer: Bei den Protagonisten im Film ist mir die unterschiedliche Perspektive aufgefallen, mit der sie an die Arbeit gehen.

Nicht die richtige Wellenlänge

Die Winklevoss-Zwillinge haben eine brillante Idee für ein soziales Netzwerk. Doch ihnen fehlt das Know-how für die Umsetzung, dafür brauchen sie Zuckerberg als Programmierer.

An der klassischen Herausforderung für Unternehmer also, gute Fachkräfte zu gewinnen, scheitern sie gleich zu Beginn, denn sie finden von ihrer Attitüde her einfach nicht die richtige Wellenlänge mit Zuckerberg.

Ich stoße auf dieses Thema immer wieder: die fachliche Ebene ist halt nur die eine Seite der Medaille. Wie oft werden Mitarbeiter wegen ihrer Fachlichkeit eingestellt und dann wieder entlassen, weil die Chemie nicht stimmt. 

Als sie sich von Zuckerberg wochenlang hinhalten lassen, verhalten sie sich ganz schön naiv, und später zögern sie noch einmal sehr lange, ob sie ihn wirklich verklagen sollen. Ihnen fehlt hier einfach der unternehmerische Biss.

Sie zeigen: Eine gute Idee macht noch keine Unternehmer!

Unternehmerische Urtugend

Das ist bei Zuckerberg anders: Er hat nur die Programmierung im Kopf, aber er versteht, dass diese Idee vom sozialen Netzwerk für Studenten etwas ist, wofür es einen wirklichen Bedarf gibt, und deshalb macht er den Sack zu, ohne zu zögern.

Ich will sein Verhalten nicht schönreden, aber er hat in dieser Situation den Killer-Instinkt. Darin steckt eine unternehmerische Urtugend: sich auf seine Intuition zu verlassen, die Antennen immer auf Empfang zu haben, weil jederzeit unverhofft der richtige Moment kommen kann, den man nicht planen kann und für den es keine Checklisten gibt.

Er verhält sich also unternehmerisch – und ist doch voll in der Fachkraft-Rolle und auf das Produkt Plattform konzentriert.

Das Produkt Unternehmen

Genau das aber ist auch sein Problem. Das eigentliche Produkt jedes Unternehmers, das Produkt Unternehmen, hat er gar nicht auf dem Schirm. Er startet das Ding einfach, ohne viel nachzudenken. Das ist cool und locker, aber es fehlt ihm da an unternehmerischer Seriosität.

Es geht ihm und Savarin eigentlich nicht darum, ein Unternehmen zu gründen. Das entsteht einfach so, aber es kommt anfangs nicht in ihre Wahrnehmung, und dadurch kommt es später zu Auseinandersetzungen und Prozessen.

Dabei ist es eine wichtige Unternehmertugend bei jeder Gründung, über das Produkt hinaus zu denken. Der erste, der das Produkt Unternehmen ins Visier nimmt, ist der Ex-Napster-Chef Sean Parker, der dann aber an seinen Drogen-Eskapaden scheitert.

Irgendwann geht es ums Unternehmen

Wenn Unternehmer aus einer Produktidee ein Unternehmen machen, sind viele von ihnen am Anfang als Fachkraft unterwegs. In der Gründungsphase zählt vor allem das Produkt, der Unternehmer stellt sich in den Dienst einer Idee. Aber irgendwann geht es dann um das Unternehmen selbst, und der Unternehmer stellt sich immer mehr in dessen Dienst.

Dann geht es auch um die Außenwirkung, und es kommt das Thema Marke ins Spiel. Wenn ich als Unternehmer das Unternehmen repräsentiere, dann komme ich mehr in den Fokus. Kein Wunder, dass auch Zuckerberg, der im Film im Gegensatz zu den schnieken Winklevoss-Zwillingen anfangs wie ein Nerd rumläuft, heute anders aussieht.

Die Winklevoss-Zwillinge packen es nicht, aus ihrer guten Idee ein Unternehmen zu machen. Zuckerberg realisiert das Produkt und gründet das Unternehmen, aber dann bekommt er zumindest eine Zeit lang Probleme, weil er nur das Produkt Plattform und nicht das Produkt Unternehmen auf dem Schirm hat. Wer weiß, ob die Zwillinge das mit ihrer Seriosität und Ernsthaftigkeit nicht besser hinbekommen hätten als er …

Eine gute Idee macht noch keinen Unternehmer, und ein gutes Produkt macht noch kein Unternehmen. Nur wer beides im Visier hat, das Produkt des Unternehmens und das Produkt Unternehmen, kann auf Dauer erfolgreich sein.

Wie gesagt, ich habe keine Ahnung, ob das bei Facebook tatsächlich so gelaufen ist. Lieber Mark Zuckerberg, falls Du diesen Text zufällig mal lesen solltest, meld Dich doch bitte, mich interessiert, wie es in Wirklichkeit war. Oder kennt ihn einer von Ihnen, meinen Lesern, näher? Dann freue ich mich, wenn Sie mir den Kontakt knüpfen 😉 …

Wie viel Zuckerberg bzw. Winklevoss steckt in Ihnen? Welches Produkt haben Sie als Unternehmer im Visier? Schreiben Sie mir doch mal darüber – und über andere gute Unternehmerfilme. Und vor allem: Tauschen Sie sich auch mit anderen Unternehmern darüber aus!

 

Frohes schaffen
und keep on burning!

Timo Kaapke

Foto von Timo Kaapke

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