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Schlummernde Riesen im Mittelstand: Wie Markenarbeit Unternehmen aufweckt.
22.03.2023
Timo Kaapke

Viele Mittelständler machen tolle Produkte, die von den Kunden auch – mehr und weniger – wahrgenommen werden. Oft fokussieren sie sich aber darauf, solche Sachen zu produzieren und vergessen dabei, zu kommunizieren, warum und wozu sie die eigentlich machen.

Viele dieser Unternehmen sind eigentlich Riesen in dem, was sie können und tun, aber ihre Kraft ist gar nicht sichtbar, nicht für Außenstehende und oft nicht einmal für die Beteiligten im Innern. Sie sind schlummernde Riesen. 

Doch wie können sie aufgeweckt werden?

Apfel oder Apple?

Ganz einfach: durch Markenführung! Denn Marken stehen für viel mehr als nur das Produkt. Das, wofür sie stehen, schafft Klarheit im Unternehmen sowie Differenzierungskraft nach außen.

Stellen Sie sich nur einmal vor, Sie hätten noch nie von Apple gehört und würden plötzlich darauf stoßen: Sie könnten denken, dahinter stecke ein Apfel-Vertrieb oder so etwas. Dass damit etwas anderes gemeint ist, das musste auch Apple erst einmal in die Köpfe transportieren.

Heute ist die Marke aufgeladen und fast jedem Menschen auf der Welt ein Begriff. Und sie steht interessanterweise nicht nur für die Apple-Produkte. Sondern wir denken bei Apple immer gleich an Steve Jobs, der mit seiner unternehmerischen Begeisterung und Ausstrahlung Apple erst zu dem gemacht hat, was es nun ist.

Nicht etwas vorgaukeln

Besonders in Krisenzeiten wie diesen nützen klare Markenwerte nach innen, indem sie uns Unternehmern und unseren Mitarbeitern eine Identifikation mit unserem Unternehmen ermöglichen und uns allen bei Entscheidungen auch eine Orientierungshilfe darstellen.

Und nach außen machen sie den Unterschied zu unseren Mitbewerbern aus – oder endlich wahrnehmbar. Den können wir jedoch nicht einfach so aus der Luft greifen, sondern er muss bestimmte Kriterien erfüllen:

Zum einen muss er – darüber haben wir schon gesprochen – echt oder wahr sein, darf also nicht etwas vorgaukeln. Und das nicht nur weil unsere Kunden das früher oder später doch herausbekommen sondern allem voran, weil es unserem eigenen unternehmerischen Anspruch als Mittelständler grundlegend widerspricht.

Eine tolle Idee reicht nicht

Zudem muss er relevant sein für unsere Zielgruppen. Das bedeutet natürlich, dass wir auch wirklich wissen sollten, wer eigentlich unsere Zielgruppen sind und was für sie relevant ist.

Dann muss das, mit dem wir uns unterscheiden wollen, einzigartig sein, das heißt, das darf es nicht schon einmal geben bzw. unsere Wettbewerber sollten nicht genau dasselbe machen. Es muss etwas sein, was es in dieser Form in dem Markt für diese Zielgruppe noch nicht gibt.

Und das alleine reicht auch noch nicht: Wenn wir wissen, dass es einzigartig ist, sollten wir das auch als einzigartig wahrnehmbar machen.

Einzigartiger Nutzen

In welchen Bereichen aber können wir diese Unterschiede, diese Differenzierungen finden? Zum einen durch einen einzigartigen, rationalen Nutzen, der durch unser Produkt entsteht und wahrnehmbar wird.

Und es gibt tatsächlich – wenn auch eher selten – Produkte, die auf irgendeine Weise einen solchen einzigartigen Nutzen bewirken. Vor kurzem ist mir das wieder bewusst geworden, als ich auf der Autobahn unterwegs war, Conscious Club von Vulfpeck hörte und die anderen Schlitten vor, neben und hinter mir beobachtete.

Wenn man genauer hinschaut, dachte ich, ist das mit dem Produktnutzen wie bei Autos von Volvo und von BMW: Rein von dieser Warte aus betrachtet sind die in vergleichbaren Produktklassen, wenn wir ehrlich sind, austauschbar. Wer da faktisch das bessere Auto baut, wissen wahrscheinlich nicht einmal deren Entwickler selbst, geschweige denn irgendeiner ihrer Kunden.

Schnell kopiert

Natürlich, überlegte ich weiter, kann ein einzigartiger, rationaler Nutzen auch durch (kostenlose) Services und (kostenpflichtige) Dienstleistungen bewirkt werden. Etwa durch produktbegleitende Dinge wie Zahlungsbedingungen, Lieferzeiten, Finanzierungsdienstleistungen, ein umfassendes Servicekonzept etc.

Doch selbst wenn Volvo, machte ich mir klar, zu diesem Zweck für eine Produktklasse ein sagenhaft nützliches Service-Paket schnüren würde, wäre es für BMW ein Leichtes, so etwas bei seiner vergleichbaren Klasse auch anzubieten. Umgekehrt ebenso.

Es ist eben auf diesen beiden Ebenen schwer, wirklich dauerhafte Einzigartigkeit zu erreichen, weil all das relativ schnell kopiert werden kann – wenn auch nicht eins zu eins im Produkt selbst, dann aber im Produkt-, Service- und Dienstleistungsnutzen.

Emotionaler Zusatznutzen

In den Tagen danach ging mir die Sache mit den Automarken nicht mehr aus dem Kopf. Vor allem in Bezug auf die Ebene, die nicht rationale, sondern emotionale Aspekte anspricht: das Thema Marke und Beziehungen. Hier geht es ja um etwas, das eigentlich mit den Produkten, Services und Dienstleistungen gar nichts direkt zu tun hat. Es geht um einen einzigartigen, emotionalen Zusatznutzen in Form von Gefühlen, Beziehungen und Werten, der durch Markenkommunikation entsteht und wahrnehmbar wird.

Weil es diese dritte Ebene gibt, dachte ich eines Morgens auf dem Weg ins KAAPKEHAUS, müssen sich die Angebote von Volvo und BMW auf der Ebene des Produkt-, Service- und Dienstleistungsnutzens gar nicht enorm differenzieren – die Unterscheidbarkeit liegt vielmehr bei beiden in der Marke. Sie stehen für unterschiedliche Dinge, die nichts zu tun haben mit dem Produkt und den Dienstleistungen zu diesem Produkt.

Sie unterscheiden sich darin, dass BMW und Volvo jeweils für sich ein Synonym – einen Markenkern – entwickelt haben.

Freude vs. Sicherheit

Wenn das Unternehmen BMW über sich spricht, dann spricht es nicht über Bayerische Motoren Werke oder über Autos oder irgendwelche Dienstleistungen, sondern es spricht über: Freude. BMW beansprucht für sich, für diese Freude zu stehen, seine Mission ist es, das Synonym für Freude zu werden. Deswegen auch der Claim „Freude am Fahren“, den  BMW jetzt schon seit gut 50 Jahren mit nur einer minimal-kleinen Anpassung verwendet.

Das Synonym für Volvo dagegen ist aufgrund der Markenstrategie: Sicherheit – „Sicherheit aus Schwedenstahl“ war in den 60er Jahren einmal der dazu passende Claim. Beide Synonyme haben mit Autos nichts zu tun, sondern die Konzerne haben verstanden, dass sie Differenzierung nicht darüber oder über ihre Services und Dienstleistungen alleine erreichen können, sondern über ihre Marke.

Wenn eine Marke für sich beansprucht, für Freude zu stehen, dann kommt das komplett anders rüber als bei einer, die für Sicherheit steht. Beides sind unterschiedliche Identifikationsangebote auf der Markenebene.

Aufwachen!

Das ist aber keineswegs nur ein Ding für solch große Konzerne. Auch wir mittelständischen Unternehmen haben die Wahl, was von uns wahrgenommen wird. Es ist wichtig, dass das, was wir im Unternehmen machen, als Produkt dessen sichtbar wird, was wir sind und was wir bewirken wollen.

Wenn wir diesen Antrieb in unseren Unternehmen wahrnehmbar machen wollen, dann müssen wir ihn eben auch bewusst und konsequent (immer wieder) kommunizieren. Dafür müssen wir unsere schlummernden mittelständischen Produktschmieden, in denen eigentlich wahrhafte Riesen an Werten und Emotionen schlummern, aufwecken.

Durch die Arbeit an der Marke unseres Unternehmens.

Und haben Sie den Unterschied Ihres Unternehmens zu Ihren Mitbewerbern schon wahrnehmbar gemacht? Schreiben Sie mir doch mal darüber. Aber vor allem: Sprechen Sie andere Unternehmer darauf an und tauschen sich mit ihnen darüber aus!

 

Frohes schaffen
und keep on burning!

Timo Kaapke

Foto von Timo Kaapke

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Kommentare
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Christian Sprenger schreibt:
Sehr geehrter Herr Kaapke, vielen Dank für ihre wertvollen Beiträge!!! Ich bin tatsächlich in einem Buch von Kerstin Friedrich auf Sie gestoßen…. „Spielregeln für Gamechanger“, fand ich total inspirierend und sensationell gut! Und vor Allem…. das es Unternehmer gibt, wie Sie, die es leben und lieben Unternehmer zu sein und das mit Stolz und Leidenschaft auch so verkörpern!!! Beste Grüße aus Frittlingen Christian Sprenger
31.05.2023
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