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Unternehmensnachfolge: From Me to We to Why to Wow.
17.04.2024
Timo Kaapke

Wie zwei Generationen ihre und unsere Zukunft gemeinsam gestalten: Wenn ich andere Unternehmer in meinem Sparring coache, geht es häufig um die Unternehmensnachfolge – mein Herzensthema. Ich bin ja selbst begeisterter und überzeugter Mittelständler, komme aus einer Unternehmerfamilie und bin ein großer Fan von Familienunternehmen. Und ich bin überzeugt davon, dass sie für die Zukunft unserer Wirtschaft und unserer ganzen Gesellschaft eine große Bedeutung haben.

Dass Senioren und Junioren so oft Probleme mit der gemeinsamen Gestaltung der Unternehmenszukunft haben und immer mehr Mittelständler ihre Nachfolge nicht mehr geregelt bekommen, geht uns deshalb, wie ich meine, alle an. Das ist nicht nur ein Problem von Familien und einzelnen Unternehmen, sondern es geht hier in viel größerem Maßstab um Arbeitsplätze, Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit – und last not least um Sinnstiftung für Unternehmer, Unternehmen und Gesellschaft.

Der Nachfolger als Edelpraktikant

In einem der Sparrings saßen mir vor einiger Zeit ein Vater und sein Sohn gegenüber. Der Vater hatte sich mit der Nachfolge schon vorab beschäftigt und eine Art Jobliste für den Sohn mitgebracht: „Diese Tätigkeiten kann er erst einmal übernehmen, dann hat er was zu tun und kommt gut rein, und dann sehen wir irgendwann weiter!“

Der Junior hatte sich das einfach so mit unbewegter Miene angehört und nicht weiter darauf reagiert. Also versuchte ich es mit einer kleinen Provokation: „Ich habe den Eindruck, Sie fangen bei Ihrem Vater als so eine Art Edelpraktikant an. Wie finden Sie das?“

Der Junior grinste mich an, und der Vater schaute sichtlich konsterniert. Aber in den nächsten Minuten merkte ich, dass die Provokation Wirkung zeigte und der Vater begann, anders über die Nachfolgefrage nachzudenken.

What und How

Ich erzähle Ihnen das, weil hinter dieser Situation zwischen Vater und Sohn nicht nur Frage steckt, wie diese beiden individuell miteinander umgehen. Klar, zwischen Eltern und Kindern geht es nie nur ganz rational und vernünftig zu, sondern es geht da um Emotionen, unbewusst erlernte Verhaltensmuster und um so viele Erlebnisse und Erfahrungen aus dem familiären Kontext, die mit dem Unternehmen und der Nachfolgefrage gar nichts zu tun haben und einem unbelasteten Austausch darüber im Wege stehen.

Aber ich erkenne in dieser Situation auch einen Generationsunterschied, der nicht zu unterschätzen ist. Der Vater geht das Thema Unternehmensnachfolge so an, wie er es wohl mit seinem Vater erlebt hat: Es geht um Aufgaben, die zu verteilen sind, um die Art, wie alles organisiert wird, es geht um Zahlen, Daten und Fakten. In den Begrifflichkeiten des Golden Circle von Simon Sinek stehen also das What und das How im Mittelpunkt.

Das sind tatsächlich auch die Fragen, die die Generation der Unternehmer über 60 im Alltag nach meiner Erfahrung am meisten beschäftigt. Da sind sie in ihrem Element, da können sie etwas schaffen, Umsatz machen, also etwas umsetzen. Da sind sie – ohne dass ihnen das immer bewusst ist – häufig mehr mit der Arbeit im Unternehmen, also in der Manager- oder Fachkraftrolle unterwegs, und weniger mit der Arbeit am Unternehmen in der Unternehmerrolle. 

Generation Why

Der Frage nach dem Why, die im Golden Circle im Mittelpunkt steht, begegnet diese Unternehmergeneration hingegen eher etwas misstrauisch. Wenn der klassische mittelständische Unternehmer etwas davon oder von Sinn hört, verbindet er das eher mit Esoterik und unnützem Gelaber und findet, dass er seine knappe Zeit damit nicht vergeuden sollte. Die Idee, mit seiner unternehmerischen Tätigkeit die Welt zu verbessern, ist für ihn nebensächlich, darum kümmert er sich lieber privat. 

Und deswegen kommt er zunächst auch einmal gar nicht auf den Gedanken, das Thema Nachfolge mit Blick auf das Why und die unternehmerische Herausforderung anzugehen, sondern er will es ganz pragmatisch anpacken. Das Problem dabei: Eine Nachfolge unter diesen Vorzeichen kann im 21. Jahrhundert nach meiner Erfahrung immer weniger gelingen.

Denn die Junioren ticken ganz anders. Sie kommen aus der Generation Y, die man nicht umsonst auch als Generation Why ausspricht. Für sie ist der Anspruch, dass auch in der Tätigkeit eines Unternehmers und eines Unternehmens ein Sinn oder ein purpose stecken sollte, ganz selbstverständlich.

Und deswegen gehen sie an die Frage, ob sie wirklich die Nachfolge im Familienunternehmen antreten wollen, sehr anspruchsvoll heran. Es geht für sie nicht nur um Zahlen, Daten und Fakten, die wollen sie eher mit dem Steuerberater besprechen. Sondern es geht ihnen darum, welchen Sinn die Tätigkeit als Unternehmer ihnen selbst bringen kann. Und ihren Mitarbeitern, die heute einen Anspruch erheben auf mehr als nur Lohn und Brot. Und den Kunden, die bei Unternehmen viel kritischer danach fragen als früher.

Wenn Senior und Junior es nicht schaffen, über diese Frage miteinander ins Gespräch zu kommen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Unternehmensnachfolge nicht gelingt und der Junior eher einen lukrativen Angestellten-Job in einem anderen Unternehmen annimmt – oder sein eigenes Start-up-Ding aufmacht. 

Unternehmensnachfolge mit Sinnchronisation

Im Dialog zwischen Senior und Junior zum Thema Unternehmensnachfolge geht es also nicht um ein Gespräch zwischen Vater und Sohn, Vorgänger und Nachfolger, Arbeitgeber und Edelpraktikant – sondern um eines von Unternehmer zu Unternehmer. Nur wenn sich beide in dieser Rolle begegnen und eine gemeinsame Zukunftsperspektive für das gemeinsame Unternehmen entwickeln, kann etwas tragfähiges Neues entstehen. Wenn sie die Frage Tell me why in den Vordergrund stellen, die mir vom Refrain des Songs I don’t like Mondays von den Boomtown Rats immer so in den Ohren bleibt. Wenn sie zusammen am Produkt Unternehmen arbeiten.

Es geht mir in den Sparrings darum, dass beide zunächst separat ihr Me, also ihre individuellen Zielsetzungen, Visionen und Sinnvorstellungen entwickeln, die sie sich dann gegenseitig vorstellen und miteinander zu einen We verbinden, aus dem dann das gemeinsame Why für das Unternehmen entstehen kann.

Die Frage ist also nicht, wer von beiden Recht hat, und es geht auch um keinen faulen Kompromiss, sondern darum, die Generation Now und die Generation Next zu sinnchronisieren. Das Why, das dadurch entsteht, ist Grundlage und Antrieb, um das gemeinsame Unternehmen zukunftsfähig zu machen,  erfolgreich UND sinnvoll zugleich – also in der Kombination dessen, was ich immer mit der Idee von Erlebnis UND Ergebnis in meinem Claim Frohes schaffen verbinde. Und so kann aus dem Why noch für alle Beteiligten im Unternehmen und in der ganzen Gesellschaft ein Wow entstehen!

Und wie ist Ihre Erfahrung mit dem Why Ihres Unternehmerseins oder mit der Unternehmensnachfolge? Schreiben Sie mir doch mal darüber. Aber vor allem: Sprechen Sie andere Unternehmer darauf an und tauschen sich mit ihnen darüber aus!

Frohes schaffen
und keep on burning!

Timo Kaapke 

Foto von Timo Kaapke

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